Wie der Kaffee und später auch der Espresso nach Deutschland kam

Frauenhände halten eine Kaffeetasse

Inhaltsübersicht

Kaffee ist aus Deutschland nicht mehr wegzudenken. Doch das war nicht immer so. Vor ein paar Jahrhunderten war er noch ein exotisches Luxusgut, das nur wenigen vorbehalten war. Heute gibt es ihn in allen Varianten: vom klassischen Filterkaffee über den schnellen Espresso bis zum kunstvoll gebrühten Third-Wave-Kaffee. In jeder Stadt finden sich Cafés, die sich auf bestimmte Zubereitungen spezialisiert haben, und Kaffeekultur ist längst mehr als nur ein morgendliches Ritual. Viele genießen ihren Kaffee bewusst und setzen sich mit Herkunft, Röstung und Brühmethode auseinander. Gleichzeitig bleibt die Kaffeetradition in Deutschland tief verwurzelt, von der Filterkaffeemaschine in der Küche bis hin zum Kaffeeklatsch mit Familie oder Freunden. Doch wie kam der Kaffee nach Deutschland? Und wie schaffte es der Espresso, sich gegen den allseits beliebten Filterkaffee zu behaupten?

Die ersten Bohnen: Wie Kaffee nach Deutschland kam

Kaffee gelangte im 17. Jahrhundert nach Europa. Handelsrouten führten ihn aus dem Osmanischen Reich über Venedig, Amsterdam und London in immer mehr Städte. In Deutschland tauchte er zuerst in den Hafenstädten Bremen und Hamburg auf. Kaufleute brachten ihn mit, doch er war teuer und selten. Die ersten, die ihn tranken, waren wohlhabende Bürger, Adelige und Intellektuelle. Kaffee wurde nicht nur als Genussmittel betrachtet, sondern auch als Zeichen von Status und Bildung. Wer sich Kaffee leisten konnte, demonstrierte Wohlstand und Weltoffenheit. Neben den Hafenstädten verbreitete sich das Getränk bald in weiteren Handelszentren wie Frankfurt und Nürnberg.

Schnell entstanden die ersten Kaffeehäuser. Hamburg und Leipzig eröffneten um 1700 die ersten Cafés. Diese waren keine Orte für den schnellen Genuss, sondern Treffpunkte für Händler, Schriftsteller und Wissenschaftler. Wer etwas auf sich hielt, diskutierte hier über Politik, Handel und Philosophie – bei einer dampfenden Tasse Kaffee. Anders als in heutigen Cafés verbrachte man dort oft Stunden, las Zeitungen und vernetzte sich mit Gleichgesinnten. Die Atmosphäre ähnelte eher einem Club für Geschäftsleute und Intellektuelle als einem Ort für entspannte Pausen. Der Erfolg dieser Kaffeehäuser führte dazu, dass sie sich langsam in ganz Deutschland verbreiteten und die Grundlage für die heutige Café-Kultur legten.

Kaffee für alle: Vom Luxusgut zum Volksgetränk

Kaffee blieb lange teuer. Er wurde aus Übersee importiert, die Bohnen waren rar, und das Rösten und Mahlen war aufwendig. Während sich Adelige und wohlhabende Kaufleute den Luxus gönnten, mussten einfache Leute darauf verzichten. Friedrich der Große sah das Getränk sogar als Bedrohung für die Bierkultur. Er erließ 1777 ein „Kaffeeverbot“ für die unteren Schichten und ließ Soldaten als „Schnüffler“ durch die Straßen ziehen, um illegale Röstereien aufzuspüren. Doch trotz dieser Maßnahmen wuchs die Nachfrage weiter.

Die Menschen fanden kreative Wege, um an Kaffee zu kommen. Händler brachten ihn heimlich unter die Leute, oft zu überhöhten Preisen. Hausierer verkauften ihn auf Märkten, Apotheken boten ihn als Heilmittel an, und findige Unternehmer rösteten ihn in versteckten Kellern. Wohlhabendere Bürger begannen, sich eigene Kaffeeröstereien einzurichten, um unabhängig von staatlichen Restriktionen zu sein. Bald gab es günstigere Alternativen wie Zichorienkaffee, eine Art Ersatz aus gerösteten Wurzeln. Trotzdem setzte sich der echte Kaffee langsam durch. Mit der Industrialisierung und verbesserten Handelsrouten fiel der Preis weiter, sodass sich immer mehr Menschen das Getränk leisten konnten. Kaffee wurde schließlich zum festen Bestandteil des deutschen Alltags.

Die deutschen Kaffeetraditionen entstehen

Mit der Zeit wurde Kaffee Teil des Alltags. In deutschen Haushalten etablierte sich der klassische Filterkaffee. Er war einfach zuzubereiten und konnte in größeren Mengen serviert werden. Besonders beliebt wurde er am Nachmittag, wenn sich Familien oder Freunde zum Kaffeeklatsch trafen. Diese Tradition prägt Deutschland bis heute. Selbst in modernen Cafés hat der handgebrühte Filterkaffee wieder seinen Platz gefunden. Viele Röstereien bieten inzwischen spezielle Bohnen für diese Zubereitungsart an, die sich durch ihre feinen Aromen und ausgewogene Säure auszeichnen. Die Liebe zum Filterkaffee zeigt sich auch in der stetig wachsenden Auswahl an Pour-Over-Methoden wie Chemex oder V60.

Ein Mann bedient eine Trommelröstmaschine für Kaffee

Die Erfindung des Kaffeefilters brachte eine kleine Revolution. Melitta Bentz, eine Hausfrau aus Dresden, erfand 1908 den ersten Papierfilter, um Kaffeesatz im Getränk zu vermeiden. Ihre Idee setzte sich schnell durch und führte zur Gründung der Firma Melitta, die den Kaffeekonsum in Deutschland entscheidend prägte. Durch den Papierfilter wurde der Kaffee klarer und feiner im Geschmack, was ihn noch populärer machte. Der Erfolg dieses einfachen, aber wirkungsvollen Konzepts zeigt sich bis heute: Filterkaffee ist in vielen Haushalten die bevorzugte Wahl. Die Entwicklung neuer Filtertechniken und die Verbreitung hochwertiger Kaffeemühlen sorgen dafür, dass diese traditionelle Zubereitungsart weiterhin geschätzt wird.

Espresso kommt nach Deutschland: Der Einfluss Italiens

Nach dem Zweiten Weltkrieg entdeckten deutsche Soldaten in Italien den Espresso. Sie staunten über die kleinen, kräftigen Tassen, die die Italiener schnell an der Bar tranken. Zurück in Deutschland wollten viele dieses neue Geschmackserlebnis nicht mehr missen. Einige versuchten, Espresso mit heimischen Methoden nachzubrauen, doch ohne die speziellen Maschinen und die richtige Bohnenröstung war das Ergebnis nicht vergleichbar. Es dauerte einige Jahre, bis sich erste Möglichkeiten ergaben, den originalen Espresso auch in Deutschland zu genießen.

In den 1950er- und 60er-Jahren eröffneten immer mehr italienische Cafés und Eisdielen in Deutschland. Mit ihnen kamen die ersten Espressomaschinen. Doch der kräftige, konzentrierte Kaffee traf nicht sofort den Geschmack der Deutschen. Sie waren es gewohnt, Kaffee in großen Tassen und mit viel Milch zu trinken. Viele empfanden den intensiven, leicht bitteren Geschmack als ungewohnt. Doch mit der Zeit fanden immer mehr Menschen Gefallen an der neuen Kaffeekultur. Besonders in Städten wie München, Hamburg und Berlin etablierten sich italienische Cafés als beliebte Treffpunkte, in denen sich die Menschen langsam an den Espresso gewöhnten. Die Betreiber erklärten ihren deutschen Gästen oft geduldig die Besonderheiten der Zubereitung und servierten Varianten wie Cappuccino oder Caffè Latte, um den Übergang zu erleichtern.

Der Kampf der Kulturen: Filterkaffee vs. Espresso

Lange blieb Filterkaffee die erste Wahl. Doch mit der Zeit fand Espresso seine Liebhaber. Besonders in den Städten setzte sich die italienische Kaffeekultur durch. Cappuccino, Latte Macchiato und Espresso wurden zum festen Bestandteil der Café-Karten. Während anfangs nur italienische Cafés diese Spezialitäten anboten, zogen bald deutsche Kaffeehäuser nach. Die Nachfrage nach Espressomaschinen für den Heimgebrauch stieg, und erste vollautomatische Geräte wurden auf den Markt gebracht. Parallel dazu wuchs das Interesse an hochwertigen Bohnen und traditionellen Zubereitungsmethoden. Besonders in Großstädten wie Berlin, Hamburg und München entstanden Espressobars, die Wert auf handwerkliche Qualität legten. Heute ist Espresso nicht nur ein Modegetränk, sondern eine echte Alternative zum klassischen Filterkaffee geworden.

In den 1990er-Jahren nahm die Entwicklung Fahrt auf. Kaffeemaschinen für Zuhause wurden besser, die Auswahl an Bohnen wuchs, und immer mehr Menschen entdeckten den Unterschied zwischen industriell geröstetem Kaffee und handwerklich gerösteten Spezialitäten. Mit dem Aufstieg der „Third Wave Coffee“-Bewegung rückte Espresso noch stärker in den Fokus. Hochwertige Bohnen, präzise Mahlgrade und perfekt abgestimmte Extraktionszeiten wurden für viele zur Wissenschaft.

Zubereitung eines Fillerkaffees

Heute: Deutschland zwischen Tradition und Innovation

Heute existieren beide Welten nebeneinander. Filterkaffee bleibt in vielen Haushalten der Klassiker, während Espresso und seine Variationen in Cafés dominieren. Deutsche Röstereien haben sich einen Namen gemacht und liefern qualitativ hochwertigen Kaffee für jeden Geschmack. Immer mehr Menschen setzen sich bewusster mit der Herkunft und Röstung ihrer Bohnen auseinander. Der Trend zu lokalen, handwerklich gerösteten Kaffeesorten zeigt, dass Qualität und Nachhaltigkeit zunehmend wichtiger werden. Auch die Nachfrage nach fair gehandeltem Kaffee wächst stetig.

Auch neue Trends setzen sich durch. Cold Brew, Flat White und handgebrühte Spezialitätenkaffees sind längst keine Exoten mehr. Deutschland ist heute ein Land der Kaffeeliebhaber, in dem Tradition und moderne Kaffeekultur harmonisch zusammenleben. Die Kaffeekultur entwickelt sich stetig weiter, und innovative Brühmethoden wie Nitro Coffee oder Espresso Tonic finden immer mehr Anhänger. Auch in den eigenen vier Wänden experimentieren Kaffeefans mit neuen Techniken – von der Siebträgermaschine über French Press bis hin zur Aeropress. Kaffee ist längst nicht mehr nur ein Getränk, sondern ein echtes Genussmittel, das Individualität und Kreativität widerspiegelt.

Fazit: Kaffee bleibt Kult

Vom Luxusgut zum Volksgetränk, vom Filterkaffee zum Espresso – die Reise des Kaffees nach Deutschland zeigt, wie sich Geschmäcker verändern. Heute gibt es für jede Vorliebe die passende Zubereitungsart. Ob du morgens einen schnellen Espresso brauchst oder nachmittags gemütlich einen Filterkaffee genießt – Kaffee bleibt fester Bestandteil des Alltags. Während sich viele nach wie vor an traditionellen Methoden orientieren, entdecken immer mehr Kaffeeliebhaber neue Zubereitungen und Geschmacksprofile. Die Kaffeekultur entwickelt sich stetig weiter, mit wachsendem Interesse an nachhaltigem Anbau, direkten Handelsbeziehungen und experimentellen Brühmethoden. Auch die Digitalisierung hat ihren Einfluss – von smarten Espressomaschinen bis zu Online-Kaffee-Abos, die monatlich neue Bohnen nach Hause liefern. Trotz all dieser Innovationen bleibt eines unverändert: Kaffee bringt Menschen zusammen, sorgt für Genussmomente und ist aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken.